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Vom Journalismus zur strategischen Contentproduktion

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Medien haben eine riesige Chance: Sie wissen, wie man Reichweite aufbaut dank journalistischer Kompetenz. Aber: Oftmals beschränken sich die Geschäftsmodelle darauf, diese Reichweite mit Anzeigen in einer TKP-Mechanik zu monetisieren – nicht unproblematisch bei immer weiter fallenden Werbepreisen. Auf der anderen Seite erhoffen sich Verlage viel vom Verkauf ihrer Produkte – und auch hier setzt die Paid Content-Strategie oftmals ohne eine echte eCRM-Strategie auf die Qualität der Inhalte. Was vielen Verlagen fehlt ist eine echte Qualifizierungsstrategie ihrer Leser.

Qualifizierung von Nutzern

Dies vorweg: Die Qualifizierung der Leser nach Klickverhalten und Wiederkehr reicht natürlich nicht aus, um eine Kundenstrategie zu entwickeln. Aber: Sie wird sofort verstanden, kann von fast allen Medien schon jetzt gemessen werden und liegt auch komplexeren Modellen zu Grunde.

Einmalbesucher: Das anonyme CRM beginnt

Es ist das alte Medienspiel. Wer hat am meisten unique User (Besucher, Visits, Page Impressions usf.)? Dieser Größenvergleich ist heute immer noch die Grundlage für etliche Werbemodelle und wird in ivw und AGOF irgendwie vergleichbar gezählt.

Unterhält man sich mit Journalisten, dann ist dies die Kennzahl, die jeder sofort parat hat. Das ist auch völlig richtig, denn die Fähigkeit, schnell viele Nutzer zu erreichen, ist eine Schlüsselkompetenz von Medien. Diese Zahl ist zudem wichtig, um die Grundreichweite aufzubauen, die kritische Masse, den Haufen, auf den der Hahn …, na niemand geht gern in eine leere Bar.

Diese Zahl ist andererseits ebenso hohl wie einfach: Ob diese Besucher auch die richtigen sind, kann erst ermessen werden, wenn weitere Qualifizierungsmechanismen erhoben und danach gesteuert werden.

Und noch etwas: Für alle RTB-Modelle ist unser unbekannter Nutzer längst ein bekannter. Weil er über ein Cookie schon längst verfolgt wird – nur dass er eben auf unserer Plattform gezielt beworben wird, ohne dass einige Medien wissen wo und wie und warum.

Wiederkehrende Besucher: Die Qualifizierung beginnt

Retention-Management verlangt Empathie, die Fähigkeit, sich in den Besucher einzufühlen. Denn hier muss für jede landing page überlegt werden: Woher kommt der Nutzer und was wollte er eigentlich. Auf der anderen Seite muss klar sein, was man selbst will, welche Business-Ziele man verfolgt.

In einem Qualifizierungsmodell male ich mir ganz banal Kreise auf. Außen steht immer eine 1, dann folgt immer eine 2. Was dann folgt, hängt sehr stark vom Inhaltsangebot ab. Bewährt haben sich vier Kreise, die eine relative Anzahl an Vielfach- und Dauernutzung markieren. Diese werden als Patterns, Muster aus den echten Zahlen extrapoliert.

Eine der schwersten Hürden ist, den einmaligen Benutzer zum zweimaligen Benutzer zu machen. Was bietet man einem Leser, je nachdem, ob er einem Link über Facebook, Google Suche (mit all den unterschiedlichen Eingabeideen) oder womöglich sogar die URL erstmals tippt? Das Wissen, diese jeweiligen Bedürfnisse in Wiederkehr zu wandeln, werde ich mal separat beschreiben. Wichtig ist an dieser Stelle, den Nutzer in seiner Anonymität nicht zu erschrecken, ihm aber dennoch Wiederkehrangebote zu machen.

Vielfachnutzer: Zeit, dass wir uns einander vorstellen

Nachdem der Nutzer Vertrauen in das Angebot und in die Nutzungsbedingungen gefasst hat – und erst dann, ist es möglich, mit ihm in einen persönlichen Dialog zu treten. Diese gemessene implizite Loyalität in eine explizite zu verwandeln, ist der magische Moment des Web. Der Nutzer verlässt in einer bewussten Entscheidung seine Unbekanntheit und stellt sich vor.

Die Anmeldung muss so vielfältig sein, wie die Pfade, auf denen sich der Nutzer bewegt. Metered Paywalls sind hier eine nette pauschale Möglichkeit, aber oft habe ich schon sehr viel mehr Informationen über den Nutzer gesammelt und kann ihm mit Widgets genaue Angebote zum Login machen, den er dann als werthaltig empfindet.

Die Akzeptanz von unpassender Werbung ist bei dieser Zielgruppe sehr viel geringer als bei den Menschen, die eh nicht wissen, wofür ein Medium seht. So schlecht jetzt die Klickraten von Restplatzvermarktungs-Angeboten sind, umso besser sind nach aller Erfahrung die Ergebnisse bei hochpreisigen, genau passenden Kampagnen.

Dauernutzer: Vertrauen in die Marke nutzen

Ob es nun tägliche Nutzung oder irgend eine andere Kennzahl, ist völlig unerheblich. Der entscheidende Punkt ist, dass der Leser bewusst das Angebot mit einem klaren Bedürfnisspektrum ansteuert.

Die kluge Vernetzung des eigenen Service-Angebots – ich spreche bewusst nicht von Journalismus -, ist hier entscheidend. Wenn ich ein klares Persona-Konzept habe, weiß ich, welche Bedürfnisse welche Zielgruppe hat. Idealerweise kann ich dies dem Kontaktpunkt zuordnen und dort auf weitere Angebote hinweisen.

Loyalty-Management heißt nicht: Ich verkloppe Paid Content. Es meint unter einer klaren Vision mit einem klaren Kundensegmentierungsplan klare Angebote in einer klaren psychologischen Qualifizierung anzubieten. Auch hierzu werde ich in diesem Blog noch eine Menge schreiben.

Loyale Kunden: Das Leben begleiten

Es ist eine Binsenweisheit, dass wir uns oftmals mehr anstrengen, neue Kunden zu bekommen, denn alten ein noch besseres Angebot zu machen. So bezahlen wir etwa für neue Mitarbeiter  Job-Agenturen, schenken ihnen Giveaways auf Job-Messen, während daheim die bestehenden Mitarbeiter auf einen Termin zum Zielgespräch warten. Nicht unähnlich die Anstrengung um unsere Leser.

Dabei ist Loyalität gar nicht so schwer, wenn man sich aktiv und explizit darum kümmert. Ich kenne meinen Leser nach den ersten Qualifizierungsstufen, er vertraut mir und mache ihm immer wieder ein Angebot. Im Lokalen von der Wiege bis zur Bahre, vom Zuzug bis zum Wegzug, vom Handykauf bis digital getrackten Wanderroute in der Umgebung. Die einzige Kennzahl in diesem Bereich heißt CLV, Customer Lifetime Value.

Vor diesem Hintergrund entwickeln sich auch meine Angebote. Neben den Personas habe ich die Customer  Journey durchdacht und visualisiert. Mein Portfolio zugeordnet. Sehe, was funktioniert und vergrößert werden muss, wo sich Reichweite-Management lohnt und wo nicht. Und ich erkenne so langsam mein Alleinstellungsmerkmal und baue mit diesem auch meine Leserschaft aus. Durch neue Produkte, neue Services und immer auf der Grundlage des sensationellen Journalismus meines Hauses.

Audience-Management heute

Wenn diese Qualifizierungsstrategie mein Ziel ist, kann ich immer noch Clickbaiting bei Facebook am Anfang des Weges einsetzen. Oder SEO-Kampagnen. Ich muss mir nur klar sein, dass dies nur ein winziger Teil meines Erfolgs ist. Und der wird heute eben nicht mehr in Reichweite gemessen, sondern im Lebenswert meiner Leser.


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